Verkehrssicherungspflicht für Vermieter
Worauf Sie als Vermieter einer Ferienwohnung achten müssen!
April 2024
„Eigentum verpflichtet!“ – dieser Satz gilt besonders für Sie als Vermieter oder Vermieterin einer Ferienunterkunft.
Eine dieser Pflichten ist die ungeliebte Verkehrssicherungspflicht. Danach sind Sie als Vermieter verpflichtet, Ihre Feriengäste vor körperlichen und gesundheitlichen Schäden zu schützen.
Das heißt: Sie müssen alle erforderlichen und zumutbaren Sicherungsmaßnahmen treffen, damit Ihre Gäste nicht zu Schaden kommen – ansonsten droht Schadensersatzanspruch.
Verkehrssicherungspflicht für Vermieter – was ist das?
Die Verkehrssicherungspflicht ist in Deutschland eine deliktsrechtliche Verhaltenspflicht zur Abwehr von Gefahrenquellen. Bei Verstößen kann es nach § 823 BGB zu Schadensersatzansprüchen kommen, bei denen Sie mit Ihrem gesamten Privat- bzw. Betriebsvermögen haften.
Der grundlegende Gedanke der Verkehrssicherungspflicht ist: Jeder, der eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält, muss alle notwendigen Schutzvorkehrungen treffen, um zu verhindern, dass andere zu körperlichem oder vermögensrechtlichem Schaden kommen.
Dabei ist der Begriff „Gefahrenquelle schaffen“ weit gefasst. So unterliegen Sie bereits der Verkehrssicherungspflicht, wenn Sie eine Wohnung erwerben oder ein Mietshaus bauen oder kaufen.
Vor diesem Hintergrund sind Sie als Vermieter rechtlich verpflichtet, andere nicht zu gefährden. Dabei gilt allerdings das Verschuldungsprinzip, was bedeutet: Als Vermieter haften Sie nur bei fahrlässigem und vorsätzlichem Tun oder Unterlassen.
Die Verkehrssicherungspflicht des Vermieters bezieht sich dabei nicht nur auf die Ferienunterkunft, sondern auf alle vermieteten Räume, wie Keller und Garage. Des Weiteren auch auf Zugänge, Treppen, Flure, Fahrstühle, Gärten und gemeinsam genutzte Einrichtungen. Außerdem sind Sie allen Personen gegenüber verkehrssicherungspflichtig, die sich befugt auf Ihrem Grundstück aufhalten.
Welche Gefahrenbereiche müssen Sie beachten?
1. Beispiel: Stolperfallen
Auf Wegen mit rutschigem Laub, über herausstehende Wurzeln oder schiefe Bodenplatten können Personen leicht stolpern oder ausrutschen. Diese Mängel sind zu beseitigen. Zudem müssen Pools oder Teiche sowie Keller- und Lichtschächte so abgesichert sein, dass niemand hineinfallen kann – das ist besonders wichtig, wenn Kinder in der Nachbarschaft wohnen.
2. Beispiel: Gefahr von oben
Lose Dachziegel, morsche Äste oder Eiszapfen können schnell zur Lebensgefahr werden. Daher sollten Sie nach jedem Sturm die Bäume und das Dach kontrollieren sowie im Winter die Eiszapfen beseitigen. Auch Blumenkästen, die außen am Balkon befestigt sind, stellen ein Risiko dar. Deshalb sind diese ausreichend zu sichern oder nach innen zu hängen.
3. Beispiel: Schnee und Eis
Im Winter sind Sie als Vermieter dafür verantwortlich, Zu- und Gehwege von Schnee zu befreien sowie vereiste Wege zu streuen. Können Sie diesen Pflichten durch Krankheit oder Abwesenheit nicht nachkommen, müssen Sie sich um eine Vertretung kümmern.
Folgende Bereiche sind regelmäßig zu prüfen:
- Abdeckung von Keller- und Lichtschächten sowie von Swimmingpools und Teichen
- Gehwege und Gehwegplatten
- Außentreppe muss aufgeraut sein und ein Geländer aufweisen
- Stufen zum Grundstück bzw. zum Haus
- Balkone, Balkonkästen, Brüstungen
- Tore und Zäune
- Nach jedem Sturm das Dach kontrollieren (z.B. Antennen, Schornstein, Dachziegel, Regenrinnen, Satellitenschüsseln, Schneefanggitter …)
- Bäume (z.B. herausstehende Wurzeln, morsche Äste …)
- Grünanlagen (Düngemittel auf dem Rasen)
- Innen- und Außenbeleuchtung
- Möbel (stabil sowie ohne Splitterungen und Beschädigungen)
- Treppen und Fußböden auf Schäden prüfen
- Teppiche auf Risse und Löcher prüfen (Stolpergefahr)
- Elektrik im Haus muss den üblichen Sicherheitsvorschriften entsprechen
- Einbruchschutz vor Unbefugten
- Kinderspielplätze (z.B. Rutsche, Schaukel, Klettergerüst …)
- Leihfahrzeuge (Fahrräder, E-Bikes …)
- Tiefgaragen-Rolltore regelmäßig warten
Verkehrssicherungspflicht: Umfang und Grenzen
Natürlich können Sie als Vermieter keine Vorsorge für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintrittes treffen. Aufgrund dessen gilt die Verkehrssicherungspflicht nicht unbeschränkt. Als Vermieter müssen Sie nur vorhersehbaren Gefahren entgegenwirken – müssen dafür jedoch alle erforderlichen und zumutbaren Sicherheitsmaßnahmen ergreifen.
Es wird allerdings nicht von Ihnen verlangt, dass Sie Ihre Nachtruhe unterbrechen, um Schnee zu schippen, wenn es plötzlich schneit. Die Pflicht, Schnee zu räumen oder vereiste Wege zu streuen, beginnt erst ab Einsetzen des „allgemeinen Verkehrs“ – also werktags ab etwa 7.00 Uhr.
Des Weiteren sind Sie NICHT dazu verpflichtet:
- eine nass gereinigte Treppe durch ein Schild als nass zu kennzeichnen.
- sanitäre Einrichtungen auf Mängel zu überprüfen, wenn kein konkreter Grund vorliegt.
- Vorsorgemaßnahmen gegen drohende Vereisung zu treffen.
- den Hauseingang ständig zu beleuchten, sondern nur in der Zeit des „allgemeinen Verkehrs“ von 7.00 bis 22.00 Uhr.
WICHTIG: Alter, Krankheit, berufliche Abwesenheit oder Urlaub entbinden Sie nicht von der Verkehrssicherungspflicht. Können Sie der Pflicht nicht nachkommen, müssen Sie für Vertretung sorgen. Sie behalten allerdings immer eine Teil-Verantwortung, die sogenannte Überwachungspflicht. Diese erfordert eine regelmäßige Kontrolle, ob die Vertretung der Verkehrssicherungspflicht auch tatsächlich nachkommt. Die Kontrolle sollten Sie einmal im Monat durchführen.
Haftung als Vermieter
Kommen Sie der Verkehrssicherungspflicht nicht nach, droht Ihnen bei einem Unfall eine zivilrechtliche Haftung nach § 823 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Verletzt etwa ein herunterfallender Dachziegel Ihres Ferienhauses einen Gast, so kann dieser Schadensersatz von Ihnen verlangen. Diese Haftung umfasst auch mögliche Kosten für Arzt und Krankenhaus sowie einen möglichen Erwerbsausfall und Schmerzensgeld.
Zusätzlich können Bußgelder oder strafrechtliche Sanktionen auf Sie zukommen. In manchen Fällen droht sogar ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung. Dies kann hohe Geldstrafen oder sogar eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zur Folge haben.
Darum sind Sie verpflichtet, Ihr Anwesen regelmäßig zu kontrollieren und mögliche Gefahrenquellen zu beseitigen.
Mitschuld des Geschädigten
Auch wenn Sie als Vermieter grundsätzlich verkehrssicherungspflichtig gegenüber Dritten sind, wird Ihre Haftung durch ein Mitverschulden des Geschädigten eingeschränkt.
Das bedeutet: Wurde ein Schaden durch die Unachtsamkeit Ihres Feriengastes verursacht und nicht durch die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, trägt der Geschädigte einen Anteil des Schadens. Wie hoch dieser Anteil ist, richtet sich nach dem Umfang seines Mitverschuldens und muss von Fall zu Fall entschieden werden.
TIPP: Kommt es aufgrund verletzter Verkehrssicherungspflicht zu einer Schadensersatzforderung, prüfen Sie stets, ob den Geschädigten eine Mitschuld trifft. Entscheidend dabei ist die Antwort auf die Frage: Hätte der Geschädigte die Gefahr erkennen und den Schaden vermeiden können?
Garantiehaftung
Auch die Garantiehaftung spielt im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht eine Rolle: Laut Gesetz übernehmen Sie als Vermieter eine Garantiehaftung für Mängel an der Unterkunft, die bereits bei Abschluss eines Mietvertrages vorhanden waren.
Als Vermieter haften Sie für die Folgen dieser Mängel, wenn Sie sie fahrlässig oder vorsätzlich verschuldet haben – und was noch schlimmer ist: Sie haften sogar dann, wenn Sie diese nicht selbst verschuldet haben.
Typische Fälle sind:
- Ein Mieter erleidet körperlichen Schaden an einem – vom Vermieter unerkannt – fehlerhaft angeschlossenen Elektroherd. Der Herd war bereits vor Abschluss des Mietvertrages fehlerhaft angeschlossen, sodass es sich um einen anfänglichen Mangel handelt. Hier können sich Ansprüche des Mieters auf Schmerzensgeld ergeben.
- Ein häufiger Fall ist auch die baubedingte Feuchtigkeit. Diese hat oft bauphysikalische und bautechnische Ursachen. So kann trotz korrektem Lüften und Heizen der Räume Schimmel entstehen. Führt dies beim Mieter zu allergischen Reaktionen, kann der Mieter Schmerzensgeld verlangen, wenn es sich um einen anfänglichen Mangel der Mietsache handelt.
WICHTIG: Als Vermieter können Sie im Mietvertrag die verschuldungsunabhängige Garantiehaftung ausschließen. Dabei ist zu beachten: Sie können die Haftung nicht für jegliche Mängel ausschließen, sondern nur für sichtbare oder unsichtbare Mängel, die bei Vertragsabschluss bereits vorhanden waren. Die Haftung für Schäden durch Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit besteht jedoch immer.
Darüber hinaus können diverse Versicherungen Ihr Risiko als Vermieter mindern, entbinden Sie jedoch nicht von der Verkehrssicherungspflicht.